Lebenslauf à la Th. B.
Von meiner Mutter eigentlich früher erwartet, kam ich erst einige Wochen später auf die Welt, beschloß dort, wie sich in der Folge zeigte, zunächst Cembalo und Orgel in Berlin, genauer in West-Berlin an der Hochschule der Künste, zu studieren, um mich nach dem Abschluß des Studiums und nach einem desaströsen Konzert, was in dieser Angelegenheit von gewisser Bedeutung ist, ganz dem Bau von Cembali und Clavichorden zu verschreiben, einer Tätigkeit, der ich naturgemäß noch heute, wie sich denken läßt, nachgehe, um so eine dringend benötigte Geistes- und Körperberuhigung zu erlangen, dachte ich an meinem Schreibtisch; nach drei Jahren Lehrzeit im Bergischen Land war ich in Laune, für vier Jahre nach Heidelberg zu gehen zu einem Ingenieur, für den das Scheitern die tragische Form des absoluten Gelingens war, wie er sich auszudrücken pflegte, immer auf der Suche nach möglichst abstrusen Formulierungen, mit denen er sich abzuheben versuchte von seinen Kollegen, den Kollegen, die er mehrenteils nur als sentimentale, stumpfsinnige, niedrige, geschmacklose, kleinbürgerliche, deprimierende, stupide, perverse Kleinköpfe aus dem unteren Mittelstand ansah, lächerlich abstoßend in ihrer provinziellen Stümperhaftigkeit ...
Grotesk, grotesk, dachte ich in meinem Ohrensessel, noch ganz benommen von der flirrenden Rätselhaftigkeit dieser Jahre, dabei wollte ich doch unbedingt dorthin, wir wollen unbedingt irgendwo hin, und wenn wir dort sind, drängt es uns nach einer Weile doch wieder davon weg, weil wir es nicht mehr aushalten, erst wollen wir dahin, dann wollen wir davon weg, erst hin, dann weg, grotesk, dachte ich, ich entschied mich also, in Nürnberg meine Meisterprüfung abzulegen, die ich mit Auszeichnung bestand, ein Umstand, dessen Erwähnung sich in meiner Vita, in meiner künstlerischen Vita, um mich einmal der abgeschmacktesten nur denkbaren Formulierung zu bedienen, sicherlich vorteilhaft ausnehmen würde, wie gesagt wurde, dachte ich in meinem Ohrensessel, ehe ich nach einem weiteren tatsächlich inspirierenden Jahr Mitarbeit bei einem Instrumentenbauer in Lauffen am Neckar meine eigene Werkstatt in der Nähe von Heidelberg eröffnete, in welcher ich seitdem auf der Suche nach dem Alten Klang bin, das ist die Wahrheit.